Unternehmer ist er schon – aber noch nicht in Deutschland. Amir möchte hier leben und arbeiten und gründet dazu eine Firma. Die braucht er für seinen Lebensunterhalt – und für die Ausländerbehörde. Die Ausländerbehörde benötigt für weiterführende Entscheidungen zur Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung einen Businessplan. Der soll zeigen, inwieweit die o.g. Voraussetzungen erfüllt werden und ob das geplante Unternehmen tragfähig ist, d.h. genügend Geld verdient, dass Amir davon leben kann. Das ist natürlich auch für ihn selbst entscheidend, damit er sein eingesetztes Kapital sinnvoll und erfolgversprechend investiert.
Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn
- ein wirtschaftliches Interesse oder regionales Bedürfnis besteht,
- die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und
- die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist.
(Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet: Aufenthaltsgesetz -AufenthG §21).
In seiner Heimat war er sehr erfolgreich als Händler und er hat damit einen ansehnlichen Wohlstand aufgebaut, auch für deutsche Verhältnisse. So bringt er ein beeindruckendes Startkapital für das neue Unternehmen mit und erfüllt damit die Voraussetzung Nr. 3. Auch die beiden anderen Voraussetzungen sind gegeben: Amir wird zwei Mitarbeiter anstellen und regional sowie deutschlandweit Umwelt-Technologie-Produkte von deutschen Firmen kaufen, um sie in mehrere Länder des Mittleren Ostens zu exportieren. Er hat dorthin weitreichende Kontakte und Beziehungen, so dass davon auszugehen ist, dass sein Unternehmen nach einer kurzen Anlaufphase zügig wächst und respektable Umsätze erwirtschaftet.
Noch spricht er kaum deutsch, aber fließend englisch, was als Grundlage für die Kommunikation um die zentralen Fragestellungen zum Businessplan gut funktioniert. Mit mehr als 200 Fragen werden jetzt detaillierte Informationen gesammelt, damit aus einer interessanten Idee ein konkreter Plan und eine realistische Strategie wird. So lassen sich auch frühzeitig Irrtümer aufklären und Fehler vermeiden, beispielsweise bei der Wahl der geeigneten Rechtsform. Amir hat sich für eine GmbH entschieden, deren alleiniger geschäftsführender Gesellschafter er ist. So haftet er im schlimmsten Fall nur mit dem Stammkapital und nicht mit seinem gesamten privaten Vermögen.
Der Businessplan zeigt auf, wieviel Geld investiert werden muss und wofür, welche laufenden Kosten entstehen und ab wann mit Einkünften und mit Gewinnen zu rechnen ist. Er macht auch deutlich, wie hoch die Rücklagen und Reserven sein müssen, um die Lücke zwischen den anfänglichen Ausgaben und den ersten Einnahmen zu überbrücken. Außerdem wird klar, wer die interessanteste Zielgruppe ist und welche Marketing-Maßnahmen notwendig und sinnvoll sind, um schnellstmöglich Umsätze zu erwirtschaften.
Schließlich werden potenzielle Risiken näher beleuchtet, um von Anfang an geeignete Maßnahmen zu ergreifen, damit sie gar nicht erst entstehen können. Bei Amir geht es beispielsweise darum, dass er seinen „First Mover Advantage“ intelligent nutzt, d.h. die Tatsache, dass er der erste ist, der in seiner Branche genau diese Produkte in Länder exportiert, die er gut kennt. So kann er sein geschäftliches Netzwerk systematisch ausbauen, bevor Nachahmer im selben Marktsegment tätig werden.
Insgesamt dient der Businessplan also dazu, organisatorische, finanzielle und zeitliche Prioritäten zu setzen, eine Umsetzungsstrategie zu entwickeln sowie Risiken zu erkennen und zu vermeiden. Er kann den Erfolg des Unternehmens nicht garantieren, ist aber eine wertvolle Grundlage, um gezielt und systematisch vorzugehen. Insofern lohnt sich die Mühe, bei jeder Gründung oder wesentlichen geschäftlichen Veränderung einen detaillierten Geschäfts- bzw. Businessplan zu erstellen.